"Schulcafé digital" am 24.03.2020
Vorwiegend Lehrkräfte, aber auch Schulleitungen, außerschulische Partner sowie Schulsozialarbeitende folgten unserem Aufruf zur Teilnahme am ersten "Schulcafé digital". Das Bild, das sich abzeichnete: Schulen und Lehrkräfte waren auf die Schließungen unterschiedlich gut vorbereitet.
Große Spannbreite: von „business as usual“ …
Diejenigen Lehrkräfte, die schon vor den Schulschließungen mit Lernplattformen gearbeitet hatten, waren gut vorbereitet. Oder aber kundige Lehrkräfte konnten ab dem Zeitpunkt, an dem die Schulschließungen bekannt gegeben wurden, ihr Wissen noch an ihre Kolleginnen und Kollegen weitergeben. Die Teilnehmenden, bei denen das der Fall war, berichteten denn auch teils fast enthusiastisch von der Arbeit mit ihren Schülerinnen und Schülern zu Hause. Gängige Formate sind Präsenzzeiten via Videokonferenz, Arbeitsphasen, in denen die Schülerinnen und Schüler Aufgaben allein erledigen und Sprechstunden, zu denen die Lehrkraft bei Bedarf einzelne Schülerinnen und Schüler oder Kleingruppen beraten kann. Einzig, dass die hohe Arbeitsbelastung bei den Schülerinnen und Schülern zu Beginn falsch eingeschätzt wurde und durch Feedbackschleifen erst angepasst werden musste, wurde berichtet. Das kollaborative Arbeiten via Lernplattform falle außerdem älteren Schülerinnen und Schülern leichter als jüngeren.
… über Improvisation …
Diejenigen, die nicht den Vorteil hatten, bereits eine Lernplattform zu nutzen, improvisieren jetzt. Etwa werden Eltern mit in die Pflicht genommen, die nun über die E-Mail-Verteiler der Elternvertretung Arbeitsaufträge und -materialien für die Schülerinnen und Schüler an die Familien verteilen. Teilweise greifen die Lehrkräfte auch auf unkonventionelle Mittel zurück und organisieren sich mit ihren Schülerinnen und Schülern etwa auf der Gaming-Plattform Discord oder bei Minecraft. Auch Schülerinnen und Schüler beraten und helfen sich gegenseitig. Hier ist allerdings meist der Messenger-Dienst WhatsApp das Mittel der Wahl, dessen Nutzung Lehrerinnen und Lehrern aus Datenschutzgründen im Rahmen ihrer Tätigkeit nicht erlaubt ist. Doch durch die Situation würden Lehrkräfte nun „in Grauzonen gezwungen“ und müssten „Umwege suchen und finden“ – etwa, indem sie über „Kontaktschüler“ oder zeitlich limitiert nun eben doch über WhatsApp-Gruppen kommunizieren. Methodisch arbeiten einige Lehrkräfte mit Lese- oder Corona-Tagebüchern, welche die Schülerinnen und Schüler führen sollen. Neben Datenschutzthemen scheint etliche Lehrkräfte auch das Thema Urheberrecht zu verunsichern, etwa in der Frage, welche von Anderen erstellten Materialien sie nutzen und weiterverbreiten dürfen. An einigen Stellen scheinen Lehrkräfte untereinander nun aber stärker zusammenzuarbeiten als vorher.
… bis hin zu Ratlosigkeit
Einige, darunter Schulsozialarbeitende, haben große Probleme, ihre Schülerinnen und Schüler auf digitalem Weg zu erreichen und sind in dieser Situation nur sehr bedingt handlungsfähig. Teilweise verfügen auch Eltern nicht über E-Mail-Accounts. An Lernzuwachs sei nicht zu denken, es gehe nurmehr darum, den betroffenen Schülerinnen und Schülern zumindest dabei zu helfen, eine Tagesstruktur beizubehalten. Notfalls wird zum Telefonhörer gegriffen oder es werden zu verabredeten Zeitpunkten auf dem Schulhof von Eltern ausgefüllte Arbeitsblätter entgegengenommen.
Die Schwächsten trifft es am stärksten
Bei den Schülerinnen und Schülern der letzten Gruppe handelt es sich offenbar leider besonders oft um diejenigen, die ohnehin schlechtere Teilhabechancen haben als ihre Altersgenossinnen und -genossen. Bei ihnen führt die aktuelle Situation in den Familien öfter zu Spannungen. Zu Hause haben sie oft kein Internet oder keine internetfähigen Geräte außer Handys, auf denen wiederum viele Anwendungen nicht gut funktionieren. Oft haben ihre Eltern weniger Möglichkeiten, sie beim Lernen zu begleiten.