Teilnehmerin Claudia Maria Korte hat während des Schulcafés ein Graphic Recording angefertigt, das die Inhalte zusammenfasst.
Bei mehreren vergangenen Schulcafés wiesen Teilnehmende darauf hin, dass es wichtig sei, die Zeit der Corona-bedingten Schulschließungen mit Schülerinnen und Schülern zusammen zu reflektieren und deren Eindrücke und Sorgen in Überlegungen zum „Wie weiter?“ einzubeziehen. Aus diesem Grund sprachen wir in diesem Schulcafé mit drei Schülervertretern von unterschiedlichen Schulen in München: Temuulen Quarcoo und Julien Greiner, beide in der zehnten Klasse, sowie Alexander Löhrer, welcher eine elfte Klasse besucht und seit dieser Woche wieder Unterricht vor Ort in der Schule hat. Alle drei sind der StadtschülerInnenvertretung München und im Münchner Schüler*innenbüro aktiv. Sie beantworteten die Fragen der Teilnehmenden aus ihrer Perspektive.
Fernunterricht verläuft im Großen und Ganzen positiv
Aus Sicht der Schüler läuft der digitale Fernunterricht generell gut. An zwei der Schulen kommt Microsoft Teams zum Einsatz, was sehr gut funktioniere. Die dritte Schule greift auf die Plattform der bayerischen Staatsregierung mebis zurück, die nicht so intuitiv bedienbar und teilweise überlastet sei. Auch fühlen sich die Schüler von ihren Lehrkräften gut unterstützt, etwa durch eine wöchentliche Video-Feedbackstunde, in der besprochen werden kann, wie es mit dem eigenständigen Arbeiten so läuft. Teilweise wurden hilfreiche Formate aber auch erst nach und nach und auf Bitten der Schülerinnen und Schüler eingeführt.
Erfreulicherweise findet aber eine Kommunikation zwischen Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften statt, bei der Schülerinnen und Schüler Impulse und Wünsche einbringen können und in Entscheidungen mit einbezogen werden. An einer der Schulen eruierten Lehrkräfte und Schulsprecher etwa gemeinsam, wie viele Schülerinnen und Schüler technisch nicht erreichbar waren, und richteten daraufhin unter Einbezug des Elternbeirats eine Tauschbörse für Computer ein. Bei manchen Schülerinnen und Schülern, die auf diesem Weg ausgestattet werden konnten, mangle es aber nach wie vor an digitalen Kompetenzen. Hier wäre mehr Unterstützung im Vorfeld, etwa durch besseren Informatikunterricht, wünschenswert gewesen.
Chancen und Herausforderungen
Auf die Frage, ob sie der Situation auch etwas Positives abgewinnen könnten, nannten die Schüler die Möglichkeit, sich ihren Arbeitsrhythmus nun selbst einteilen zu können – etwa morgens ausschlafen und dafür abends länger arbeiten. Sie räumten aber ein, dass dies vor allem Älteren zugutekomme, während Jüngere oder Schülerinnen und Schüler, denen das eigenständige Arbeiten aus anderen Gründen schwerer falle, hier mehr auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen seien. Dies wiederum sei für berufstätige und alleinerziehende Eltern eine Herausforderung.
Ein anderer positiver Aspekt sei, dass nun auch bisher digital wenig bewanderte Lehrkräfte sich mit den Möglichkeiten der digitalen Bildung beschäftigten und die Schulen in Plattformen investiert hätten, was ansonsten wohl noch mehrere Jahre nicht passiert wäre.
Außerdem sei man positiv davon überrascht, wie gut der Austausch mit den Lehrkräften funktioniere. Alexander Löhrer sagte: „Wir hatten nie gedacht, dass ihr so mit uns arbeiten könnt. Die gegenseitige Akzeptanz ist toll!“
Ob sie denn – auch in ihrer Funktion als Schülervertreter – von Mitschülerinnen und Mitschülern wüssten, die sich schwerer tun und ob sich Schülerinnen und Schüler auch untereinander unterstützten, wollten die Teilnehmenden wissen. Dies hinge stark davon ab, wie gut die Klassengemeinschaft schon vor Corona gewesen sei, so die Antwort. Unter Schülerinnen und Schülern engagierter Klassen bildeten sich teilweise Lerngruppen. Wo der Zusammenhalt auch schon vorher gekriselt habe, sei es schwieriger. Vielleicht könnten hier Lehrkräfte die Initiative ergreifen und Schülerinnen und Schülerinnen in Gruppen einteilen, so ein Vorschlag.
Generell sehen die Schüler Herausforderungen bei den sozialen Aspekten. Einerseits stehe die Schüler- und Schülerinnenvertretung vor der Herausforderung, dass sie momentan keine neuen Mitglieder aufnehmen und sich nicht weiterentwickeln könne. Und generell vernetze man sich zwar mit Freunden, aber was ist mit denjenigen Schülerinnen und Schülern, die wenig Freunde haben? Ihnen drohe die soziale Isolation. Auch dass Schulfreizeiten, die eine Klassengemeinschaft stärken, ersatzlos ausfallen, sei sehr schade.
Wünsche für die Zukunft: Investitionen in Technik, Anpassung der Lehrpläne, gestärktes Miteinander
Alexander Löhrer ist von den Dreien bislang der Einzige, der seit dem 11. Mai 2020 wieder in die Schule geht. Der erste Tag sei etwas chaotisch verlaufen, sagt er. Ende der Woche soll evaluiert werden, wie es weitergehen soll. An Julien Greiners Schule gäbe es erste Überlegungen dazu, wie Schülerinnen und Schüler zuhause eventuell per Videokonferenz in die Präsenzstunden zugeschaltet werden können.
Welche Wünsche haben die Schüler für die Zeit des Übergangs und danach? Was von dem, was in der Coronazeit angefangen wurde, soll bleiben und weiterentwickelt werden? Worauf kommt es nun an?
Um die Klassengemeinschaften nach der Phase des „social distancing“ wieder zu stärken, solle es Teambuilding-Maßnahmen geben, findet Temuulen Quarcoo. In digitale Technik solle nach Julien Greiners Meinung weiter investiert und der digitale Unterricht ausgebaut werden. Einen Nachmittag pro Woche digital, das fände er gut. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Schülerschaft und Lehrkräften solle nach Alexander Löhrers Auffassung unbedingt fortgeführt werden. Schülerinnen und Schüler wollen eingebunden werden, wenn es darum geht, sich gemeinsam neue Methoden zu erschließen. Hier könne man auch gerne mal kreativ werden, findet Julien Greiner: „Es sind so viele unkonventionelle Ideen, die jetzt passend sind.“
Beteiligt wären die Schüler auch gerne an einer Anpassung der Lehrpläne. Die Lehrkräfte hätten Verständnis dafür, dass Schülerinnen und Schüler beim Lernen zuhause nur ein geringeres Pensum schaffen würden, ebenso wie für die Ängste und Sorgen Mancher, was die eigenen Leistungen angehe. Auch sie warteten auf eine Ansage aus dem Kultusministerium, was aus den Lehrplänen gestrichen werden kann – für faire Prüfungsbedingungen für diejenigen, die bald ihren Abschluss machen, aber auch um Schülerinnen und Schüler zu unterstützen, die sich jetzt gerade besonders schwertun.
Weitere Zusammenfassungen der Themen des Schulcafé digital finden Sie hier. Sollten Sie weitere Fragen zum Format haben, können Sie uns unter bildungdigtal@dkjs.de erreichen.