Die Digitalisierung hat tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen zur Folge und wirkt sich auf nahezu die gesamte soziale Welt aus. Das Digitale existiert zunehmend nicht mehr neben dem Analogen, sondern durchdringt dieses. Wahrnehmbar wird dies insbesondere in Bereichen unserer Lebenswelt, in denen diese Durchdringung bisher nur rudimentär oder fragmentarisch vorangeschritten ist. Gerade wenn sich der Blick auf Schulen in Deutschland richtet, werden Defizite in diesen Bereichen sichtbar. Zwar hat sich durch die Bereitstellung von finanziellen Mitteln aus dem Digitalpakt die technische Ausstattung von Klassenzimmern, Lehrkräften und Lernenden merklich verbessert. Gleichzeitig erscheint es jedoch oftmals so, als wäre die Antwort auf die technischen Fortschritte der Digitalisierung ein technisch orientierter Bildungsansatz, der sich auf Aspekte der Bedienung von Medientechnik fokussiert und analoge Lernformate lediglich ins Digitale überträgt.
Lernräume als Rahmenbedingung von Lernprozessen
Auch die Gestaltung von physischen Lernräumen in der "Kultur der Digitalität" (Stalder 2016) unterliegt veränderten Bedingungen. Zwar haben sich die Lehrmethoden in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt, aber die Architektur von Schulgebäuden entspricht oftmals noch den Bauweisen des frühen 20. Jahrhunderts: Klassenzimmer um Klassenzimmer, aus- und eingerichtet für Frontalunterricht, reihen sich an langen Fluren aneinander. Für selbstbestimmte Lernprozesse, projektbezogene Gruppenarbeiten und individuelle Bedürfnisse der Lernenden ist in diesen Bauformen schlicht kein Platz vorgesehen. Zwar fand das Konzept des Raumes als „drittem Pädagogen“, das von einer unterstützenden Funktion der Raumgestaltung in Lern- und Bildungsprozessen ausgeht, bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren in Form offener Klassenzimmer Anklang. Doch trotz einiger Ausnahmen ist auch heute die klassische „Flurschule“ noch das weitverbreitetste Modell.
Doch mit der zunehmenden Digitalisierung der Schulen gewinnt auch die Debatte um neue Raumkonzepte an Fahrt. Das herkömmliche Klassenzimmer wird in manchen Schulen wie der Alemannenschule Wutöschingen durch offene Orte des gemeinschaftlichen und eigenständigen Lernens ergänzt oder das Lehren und Lernen verlagert sich in den virtuellen Raum. Doch gerade die Erfahrungen aus der COVID-19-Pandemie haben gezeigt, dass soziale Aspekte und Interaktion zwischen Lehrkräften und Schüler:innen nicht durch digitale Lernplattformen ersetzt werden können. Vielmehr erscheint, ganz im Sinne der Kultur der Digitalität, eine Verwobenheit von digitalem und physischem Raum als leitendes Prinzip der Raumgestaltung geeignet. Hybride Lernräume, kombiniert mit Konzepten des Blended Learning, bilden die Bausteine für die Schule des 21. Jahrhunderts.
Hybride Lernräume
Hybride Lernräume können unterschiedlich ausgestaltet sein, je nach den Bedingungen und Anforderungen des didaktischen Feldes. Immer stehen jedoch Konnektivität und Flexibilität im Mittelpunkt. Idealerweise umfassen sie Bereiche zum Lernen, Debattieren, Vertiefen und Ausruhen und ermöglichen so bedürfnisorientierte Lernprozesse – allein oder in der Gruppe, digital oder analog. Als „Sowohl-als-auch“-Räume verbinden sie das Materielle mit dem Digitalen und setzen dabei stets die Lernenden in den Mittelpunkt, statt den Fokus auf die Technik und ihre Bedienung zu richten.
Ein Beispiel für solche Orte bilden Maker Spaces. Diese offenen Lernräume in Bildungseinrichtungen bieten einen einfachen Zugang zu Werkzeugen, Technologien, Materialien und Know-how. So bilden sie einen Raum für die unterschiedlichsten Making-Aktivitäten, bei denen das selbstgesteuerte und spielerische Arbeiten mit analogen und digitalen Werkzeugen und die Lernenden und deren Lernprozesse im Vordergrund stehen. Auf diese Weise wird jeder Ort zum Ermöglichungsraum, der mithilfe digitaler Medien forschendes Lernen und Kreativität fördert. Hybride Lernräume schaffen ihren Mehrwert jedoch nicht alleine aus der digitalen Technologie, sondern aus dem Zusammenspiel der unterschiedlichen Bedürfnisse der Beteiligten, den Möglichkeiten der Technik und den Raumbedingungen. So ermöglichen sie ein Lernen über, mit und durch digitale Medien.
Lernen über, mit und durch digitale Medien
Das Lernen über digitale Medien fokussiert sich dabei auf die Vermittlung von grundlegendem Wissen über Technologien und ihre Funktionsweisen, um digitalisierungsbezogene Fähigkeiten aufzubauen. Hierfür eignen sich auch selbstgesteuerte Lernprozesse, bei denen die Schüler:innen ihren Lernraum selbst wählen können.