Unter Making versteht man dabei das selbstgesteuerte und spielerische Arbeiten mit analogen und digitalen Werkzeugen, bei dem die Lernenden und deren Lernprozesse im Vordergrund stehen. Ursprünglich in den USA im universitären Kontext entstanden, finden sich Maker Spaces inzwischen auch vermehrt an Schulen in Deutschland.
Maker Spaces als Orte der Bildungsgerechtigkeit
Die Grundhaltung des Making lässt sich am ehesten mit „einfach machen“ umschreiben: durch projektorientiertes, experimentelles und kreatives Arbeiten mit verschiedenen Werkzeugen und Materialien, durch das Teilen von Gelerntem und durch das Meistern von Herausforderungen durch Kreativität werden unterschiedlichste Fähigkeiten und Zukunftskompetenzen der Lernenden gefördert. Dem Konzept des forschenden Lernens folgend, ermöglichen Maker Spaces als offene Lernräume Zugriff auf Werkzeuge, Materialien und Wissen und tragen so durch den freien und niedrigschwelligen Zugang zur Bildungsgerechtigkeit bei. Denn durch sie wird nicht nur ein Raum für kreatives Arbeiten geschaffen, der unabhängig von sozialer Herkunft und Bildungsgrad zugänglich ist, er kann auch dabei helfen, Lernerfolg und Lernmotivation bei Kindern und Jugendlichen zu steigern, die sich nur schwer in klassische Unterrichtssituationen einfügen können. Zwar liegt der Fokus oftmals auf Maker Spaces als digitale Lernwerkstätten, die die Nutzung, Reflexion und Produktion digitaler Inhalte und Dienste in den Vordergrund stellen. Dadurch entwickeln die Lernenden ein grundlegendes Verständnis von Computersystemen und deren Logiken.
Darüber hinaus sind jedoch unterschiedliche Schwerpunkte möglich. Denn ganz im Einklang mit den sechs Kompetenzbereichen, die in der Strategie der Kultusministerkonferenz festgelegt wurden, steht bei Making in erster Linie das Lernen durch Begreifen im Zentrum. Durch den spielerischen und tüftelnden Umgang mit Werkzeugen und Materialien lernen Kinder und Jugendliche individuelle Stärken kennen und können diese ausbauen. Die Lernenden nehmen ihren Lernprozess selbst in die Hand und erleben durch die wahrgenommene Selbstwirksamkeit einen besonderen Motivationsschub. Durch die Selbststeuerung ihrer Arbeits- und Lernprozesse erlangen sie die Überzeugung, Herausforderungen aus eigener Kraft lösen zu können.
Die Rolle der Lehrenden
Doch damit ein Maker Space in der Schule zu einem Ort des offenen und selbstgesteuerten Lernens werden kann, müssen auch die Lehrkräfte eine neue Rolle einnehmen. Denn anders als in klassischen Unterrichtsformaten geht es beim Making nicht um die reine Wissensvermittlung oder das Liefern von Lösungsschemata. Vielmehr nehmen die Lehrenden eine lernbegleitende Rolle ein und unterstützen die Lernenden durch Feedback und Reflexionshilfen in ihren Lernprozessen. Wichtig ist dabei auch eine positive Fehlerkultur. Fehler werden dabei nicht als Rückschläge wahrgenommen, sondern als Chance, gemeinsam und auf Augenhöhe eine Lösung zu finden. Ebenso nimmt das Peer-Learning, also das Lernen der Schüler:innen voneinander, im Making eine hervorgehobene Stellung ein. Making-Aktivitäten erfordern also ein Umdenken von Lehrkräften. Denn im Maker Space ist weniger das individuelle Fachwissen, sondern die pädagogische Erfahrung wichtig. Dabei kann das gemeinsame Tüfteln mit den Schüler:innen aber auch neue Perspektiven eröffnen.
Zugleich erfordert das projektbezogene Arbeiten im Maker Space angepasste Arten der Bewertung. Die Einordnung als kompetenzorientiertes Lernen ermöglicht dafür ausreichend Spielräume. So bietet die Produkt- und Prozessdokumentation über ePortfolios eine Alternative zu klassischen Prüfungen. Auch das Verleihen von Badges (engl. Auszeichnungen) kann den Erwerb von Wissen oder Kenntnissen sichtbar machen, ohne auf reguläre Schulnoten zurückzugreifen.
Maker Spaces an der Schule etablieren
Die Hürden, einen eigenen Makerspace an der Schule aufzubauen, erscheinen auf den ersten Blick groß: Räumlichkeiten, Werkzeuge, Arbeitsmaterialien und Maschinen kosten Geld, müssen gepflegt werden und verursachen Arbeitsaufwand. Doch dieser erste Eindruck täuscht. Denn es braucht keine vollausgestattete Werkstatt, um in das Making in der Schule einzusteigen. Vielmehr bietet es sich an, Making über Projektarbeiten in kleinerem Maßstab nach und nach zu etablieren. So lassen sich mit einem Klassensatz des Mikrocontrollers Calliope mini und etwas Kreativmaterial ohne großen Aufwand und Kosten erste Making-Erlebnisse schaffen. In Form von Pop-up-Maker Spaces, die vorübergehend betrieben werden, kann das Konzept kennengelernt und Kollegium und Schüler:innen begeistert werden. Über mehrere kleine Projekte ist es so möglich, herauszufinden, welche Ausrüstung benötigt wird und welche Making-Aktivitäten verstetigt werden können.
Kommt es in einem nächsten Schritt zur Etablierung eines permanenten Maker Spaces, so gilt es einige Dinge zu beachten. Der Ort sollte offen und einfach zugänglich sein. Oftmals bietet es sich an, Anschluss an vorhandene Werkräume oder die Bibliothek zu suchen, aber auch ein durch mobile Geräte überflüssig gewordener Computerraum kann zur Heimstätte des Making umfunktioniert werden. Wichtig ist nur, dass der Kern des Making-Raumkonzepts ermöglicht wird: Offenheit und Flexibilität. Denn neben Arbeits- und Rechercheplätzen sollte ebenso Raum für Gespräche und Präsentation der Ergebnisse vorhanden sein. Flexible und bewegliche Möbel können dabei helfen, alle Funktionen zu erfüllen. Eine systematische und offene Ordnung des Materials und der vorhandenen Maschinen tragen dazu bei, eine inspirierende Umgebung zu schaffen.
Um den Maker Space nachhaltig in den Schulbetrieb zu verankern, sollten die Lernenden von Beginn an beteiligt und einbezogen werden. So entwickeln die Schüler:innen einerseits Verantwortungsbewusstsein und Wertschätzung für den Maker Space. Andererseits werden sie ganz im Sinne der Making-Idee auf Augenhöhe und mitbestimmend in den Betrieb und die Erhaltung einbezogen. Daneben legen eine solide finanzielle Planung und klare Verantwortlichkeiten den Grundstein für einen gelungenen Maker Space.
Zudem bieten sie Anlass, die Schule nach außen zu öffnen und vom Engagement und der Expertise externer Kooperationspartner zu profitieren. Besonders die nationale und internationale Vernetzung mit anderen Making-Communitys und der damit verbundene Erfahrungsaustausch sorgen für einen sich stetig entwickelnden und lebendigen Maker Space.
Beispiele für Maker Spaces an Schulen
Ein gelungenes Beispiel für die Integration von Making-Aktivitäten in den Schulalltag bildet die Carlo-Schmid-Oberschule in Berlin. Sie verfügt über umfänglich ausgestattete Werkstätten für den Wirtschaft-Arbeit-Technik-Unterricht, die für das Making unter anderem um 3D-Drucker und Lasercutter erweitert wurden. Die Verschränkung des Maker Spaces mit Schüler:innenfirmen sorgt dabei einerseits für einen zusätzlichen Motivationsschub, da beispielsweise benötigte Ersatzteile für die Hausmeisterei selbst hergestellt wurden. Andererseits finanzieren die Schüler:innenfirmen die Ausstattung des Maker Spaces teilweise selbst mit, in dem unterschiedliche Textilien bedruckt und verkauft werden.
Die Kooperative Gesamtschule Niederrad (Frankfurt a. M.) hat forschendes Lernen sogar zu einem Schwerpunkt des Schulkonzepts erhoben. Making-Aktivitäten ziehen sich durch das gesamte Curriculum. So verfügt die Schule nicht nur über einen mit Materialien und Werkzeugen ausgestatteten Maker Space, sondern auch über einen Kunst-Musikraum und eine Lehrküche. Diese Räumlichkeiten werden für fächerübergreifenden und projektbezogene Werkstattarbeit genutzt, die in jedem Schuljahr ein eigenes Produkt der Schüler:innen zum Ziel hat.
Eine weitere Berliner Schule verfolgt konsequent die Idee des Maker Spaces als digitaler Lernwerkstatt. Aus einer 2010 angestoßenen Neuausrichtung des Informatik-Curriculums am Gebrüder-Montgolfier-Gymnasium (Berlin), die sich auch an den Wünschen und Bedürfnissen der Lernenden orientierte, entstanden zahlreiche Projekte und AGs. Bei diesen steht jedoch nicht nur das Programmieren, sondern insbesondere kreatives und selbstgesteuertes Arbeiten mit digitalen Werkzeugen im Vordergrund. Der Maker Space, die umgesetzten Projekte und die zahlreichen AGs sind inzwischen als Makerschule zusammengefasst und bieten auf der Website vielfältige Inspirationen für eigene Making-Projekte.