Eigene Darstellung in Anlehnung an: Ruben R. Puentedura, Adrian Wilke, http://homepages.uni-paderborn.de/wilke/blog/2016/01/06/SAMR-Puentedura-deutsch/
Das SAMR-Modell beschreibt, wie sich Lehren und Lernen durch den Einsatz von Technologie verändern. Anhand des Modells kann erklärt werden, wie die Gestaltung von Lehr- und Lernsettings durch digitale Medien verbessert werden kann. Lehrende können das Modell nutzen, um ihren eigenen Unterricht zu analysieren und zu evaluieren. Denn das Modell gibt ihnen Auskunft darüber, auf welchem Niveau sie bereits lernunterstützende Technologien einsetzen. Gleichzeitig kann es Lehrkräften, die noch auf eher analoge Lehrmittel zurückgreifen, Vorteile digitaler Werkzeuge aufzeigen und damit völlig neue unterrichtliche Zieldimensionen aufzeigen.
Es wurde von Ruben Puentedura formuliert, dem Gründer und Leiter des US-amerikanischen Beratungsunternehmens Hippasus. Puentedura unterscheidet im Modell vier Ebenen. Die Bedeutung der digitalen Medien für das Lernen steigt mit jeder Stufe. Das Modell wird durch eine gepunktete Linie nochmals in zwei Bereiche unterteilt. Diese fungiert als Schwelle vom Bereich, in dem digitale Technologie das Lernen verbessert (Enhancement) hin zum Bereich in dem sie das Lernen verwandelt (Transformation).
Substitution – den Umgang mit digitalen Medien üben
Die unterste Ebene beschreibt die einfache Ersetzung (Substitution) analoger Aufgaben oder Materialien durch digitale Medien. Hier findet eine 1:1-Übersetzung vom Analogen ins Digitale statt. Dies bringt jedoch keine funktionale Verbesserung mit sich, denn die Aufgabe bleibt die gleiche und nur das Werkzeug ändert sich.
Beispiele:
Beispiele sind das Lesen von Texten auf digitalen Medien wie Tablets und dem PC oder auch das Schreiben in Word oder Google Docs anstatt von Hand zu schreiben. Eine weitere Möglichkeit ist die Bereitstellung einer Cloud-Lösung, wie Microsoft Office 365, in der Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler fürs Erste in eigenen Accounts nur Dateien ablegen oder für andere freigeben.
Was bedeutet das für die Lehre?
Auf der Ebene der Substitution kann der Umgang mit digitalen Medien durch Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler geübt werden. Die digitalen Inhalte stehen zudem für eine weitere Verwendung zur Verfügung.
Augmentation – Verbesserung in den Arbeitsabläufen durch den Einsatz digitaler Medien
Auf der zweiten Ebene der Erweiterung (Augmentation) wird eine Verbesserung (Enhancement) sichtbar. Ein Arbeitsauftrag wird hierbei methodisch erweitert, indem technische Möglichkeiten integriert werden. Dies stellt eine funktionale Verbesserung dar, die mit rein analogem Arbeitsmaterial nur eingeschränkt möglich ist.
Beispiele:
So können auf dieser Ebene in einem Word-Dokument die Grundfunktionen, wie eine Rechtschreibprüfung oder das Umstrukturieren und Überarbeiten der Texte durch Ausschneiden und Ersetzen von Inhalten genutzt werden. Bei Google Docs kann die einfache Texterstellung nun um die Option, kollaborativ an Texten zu arbeiten oder diese in einer Cloud abzuspeichern, erweitert werden. Auf dieser Ebene spielt die Integration von Technologien eine Rolle, indem zum Beispiel Multimedia-Inhalte, wie Wörterbücher oder digitale Karten online verlinkt oder eingebettet werden. Hierzu zählt auch die Arbeit mit Lern-Apps wie Quizlet oder die Nutzung einer Lern-Plattform, wie sie in den meisten Bundesländern zur Verfügung stehen.
Was bedeutet das für die Lehre?
Durch den Einsatz digitaler Medien ergeben sich Verbesserungen bei den Arbeitsabläufen. Wenn Übungen nicht mehr nur über das Papier abgearbeitet werden, sondern Lern-Apps benutzt werden, bekommen die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel direktes Feedback.
Modification – grundlegende Veränderung von Aufgaben durch den Einsatz digitaler Medien
Auf der Ebene der Änderung (Modification) beginnt gleichzeitig der Bereich der Umgestaltung (Transformation). Aufgaben, die auch analog gestellt werden könnten und bei denen sich auf den vorherigen Ebenen nur die Werkzeuge änderten, werden so verändert, dass eine digitale Unterstützung erforderlich ist und deren Vorzüge explizit von den Schülerinnen und Schülern genutzt werden sollen. Hierbei können beliebige zur Verfügung stehende Soft- und Hardware Einsatz finden. Der soziale Aspekt wird zudem in den Vordergrund gestellt.
Beispiele:
Puentedura zählt exemplarisch die Integration von Kommunikationswerkzeugen (E-Mail), Tabellenkalkulationen, grafische Darstellungen sowie textuelle, visuelle und auditive Werkzeuge auf. Dokumente können durch multimediale Elemente wie Video und Audio bereichert werden. Schülerinnen und Schüler recherchieren beispielsweise zu einem Unterrichtsthema mit Hilfe digitaler Medien und bereiten das gefundene Wissen mit Hilfe eines selbsterstellten Videos, einer interaktiven Karte oder Infografik für andere auf. Aber auch das Veröffentlichen von (kollaborativ) erstellten Texten über die digitale Infrastruktur (Lernplattform, Blog, etc.), die es ermöglicht unmittelbares Feedback zu erhalten oder eine Diskussion online zu führen, eröffnet in diesem Sinn neue Lern- und Erfahrungsräume.
Was bedeutet das für die Lehre?
Im Fokus dieser Ebene steht die Neugestaltung von Aufgaben unter Einbeziehung der technischen Möglichkeiten, sodass Technologie einen weiteren Lernraum schafft und Schülerinnen und Schüler durch den sozialen Aspekt gemeinsames Wissen aufbauen.
Redefinition – Entwicklung völlig neuer Aufgaben durch den Einsatz digitaler Medien
Aufgaben und Unterrichtsgestaltung, die ohne technologische Unterstützung nicht möglich wären, sind Teil der Ebene der Neubelegung (Redefinition).
Beispiele:
Anstelle vom Schreiben von Essays kann nun beispielsweise das digitale Storytelling gewählt werden. Hierbei werden eBooks zu Unterrichtsthemen erstellt und multimedial befüllt. Ein weiteres Beispiel ist das Konzept „Flipped Classroom“: Die Wissensvermittlung, die zuvor Kern des Unterrichts war, wird verlagert. Kurze, zum Beispiel von den Lehrkräften selbst erstellte, Videos geben Impulse oder liefern Erklärungen (z. B. zum Satz des Pythagoras). Im Unterricht selbst haben die Schülerinnen und Schüler dann Zeit das neue Wissen anzuwenden und einzuüben, während die Lehrkraft sie dabei individuell unterstützt.
Was bedeutet das für die Lehre?
Auf dieser Ebene können neue Aufgaben einbezogen und Lernwegen bestritten werden, die ohne digitale Medien nicht möglich gewesen wären. Wie nebenbei entwickeln die Schülerinnen und Schüler durch den Einsatz von digitaler Technologie nun neue Aufgaben und Ansätze zur Problemlösung bei denen das gemeinsame kritische, vertiefende, projektorientierte, anwendungsbezogene und forschende Lernen geübt werden.
Wir finden: Im Zuge der Schul- und Unterrichtsentwicklung ist das SAMR-Modell eine gute Möglichkeit, die digitale Position zu bestimmen. Jeder Lehrerin und jedem Lehrer kann ein Mittel an die Hand gegeben werden, um die eigenen Bildungsangebote zu analysieren und zu reflektieren und somit zu einer Weiterentwicklung motivieren. Es stellt einen Ansatz dar, organisch ohne große Brüche eine eher evolutionäre Entwicklung des Unterrichts zu unterstützen.
Im Fachdiskurs wird allerdings kritisiert, dass die Darstellung als Stufenmodell leicht zur falschen Annahme verleitet, man müsse Stufe für Stufe nacheinander erklimmen. Dies kann zu einer Bewertung von digital gestütztem Unterricht verleiten, die nicht zielführend ist. Daher verweisen wir gern auf die Weiterentwicklung des Modells nach Jaclyn Stevens. Ihr „SAMR-Swimmingpool“ vergleicht die ersten beiden Stufen „Ersetzung“ und „Erweiterung“ mit dem Nichtschwimmerbereich. Der Schwimmerbereich, umfasst Veränderung und Neubelegung und kann vom Sprungbrett oder mit entsprechender Unterstützung, wie Fortbildungen und Anleitung, über den flachen Bereich barrierefrei erreicht werden. Hier werden die Lehrenden dazu ermutigt zwischen allen vier Ebenen jederzeit bedarfsorientiert zu wechseln.