Achtungszeichen Datenschutz
Insbesondere im Bereich Datenschutz stehen Digitalunternehmen mit Hauptsitz außerhalb der Europäischen Union häufig in der Kritik. Zwar bekennen sich Apple und Microsoft zu umfassendem Datenschutz, eine DSGVO-konforme Anwendung stellt dennoch eine Herausforderung dar. Die Stadtschule Travemünde begegnet dieser Herausforderung mit umfangreichen Schulungen für Lehrende und Lernende. „Alle Schüler:innen wissen, was personenbezogene Daten sind und wo sie diese speichern dürfen“, sagt Michael Cordes. So finden nur Apps Anwendung, die Daten DSGVO-konform verarbeiten. Sobald Schüler:innen Daten im oder aus dem Internet nutzen, verwenden sie individuelle Pseudonyme, die keinen Rückschluss auf die Person zulassen. „Es gilt aber an unserer Schule der Grundsatz, dass Internetrecherchen bzw. Google-Suchen im Regelfall nicht stattfinden, da Recherche bei uns in aller Regel kuratiert (also in Textdokumenten oder Präsentationen von Lehrkräften) oder offline (z.B. in Büchern) stattfindet.“
Mehr noch als Apple steht Microsoft im Fadenkreuz von Datenschützer:innen. Immer mehr Schulen sehen aufgrund der undurchsichtigen Rechtslage von einer Nutzung gänzlich ab. Um diesen radikalen Schritt zu vermeiden, wird die Verarbeitung personenbezogener Daten an den Gewerblichen Berufsbildenden Schulen Landkreis Grafschaft Bentheim auf ein Minimum reduziert. Schriftliche Vereinbarungen geben zusätzliche Sicherheit: „Neben der Zusicherung von Microsoft, die Daten DSGVO-konform zu verarbeiten, geben alle Nutzer:innen ihr schriftliches Einverständnis zur Datenverarbeitung“, erläutert Daniel Vorbrink.
Pädagogische Konzepte im Mittelpunkt
In der Außendarstellung und den Zertifizierungsrichtlinien erscheinen die Aktivitäten internationaler Digitalunternehmen, in den vorgestellten Fällen Apple und Microsoft, auf die exklusive Nutzung der eigenen Anwendungen und Endgeräte ausgerichtet. Der Blick in die beispielhaften Schulen macht deutlich, dass zwar verschiedene Schwerpunkte bei Endgeräten und Software gelegt werden, der Einsatz dabei jedoch stets auf undogmatischen pädagogisch-didaktischen Konzepten basiert. Weder werden in der vorgestellten Apple Distinguished School, der Stadtschule Travemünde, ausschließlich Apple-Produkte verwendet, noch finden sich in den Gewerblichen Berufsbildenden Schulen Landkreis Grafschaft Bentheim, die als Microsoft Showcase School ausgezeichnet sind, ausschließlich Anwendungen und Endgeräte von Microsoft. Vielmehr befinden sich die Schulen in verschiedenen Spannungsfeldern: die intuitive und auf den Einsatz in Schulen abgestimmte Nutzbarkeit von iPads gegen ihre systemische Geschlossenheit; die optimale Berufsvorbereitung durch die Nutzung von Microsoft Office gegen die Zementierung der Monopolstellung bereits im Bildungsbereich; der sensible Umgang mit personenbezogenen Daten gegen die Gefahr, dass diese von internationalen Digitalunternehmen nicht DSGVO-konform verarbeitet werden.
Deutlich wird dabei, dass jeder Ansatz Vor- und Nachteile bietet und die Entscheidung für oder wider von den individuellen Bedürfnissen und Voraussetzungen jeder einzelnen Schule abhängen sollte. Im Einzelfall bleibt es eine Frage des Ermessens und der Ressourcen, für welche Lösung sich Schulen entscheiden sollten. Dabei sollte jedoch stets im Bewusstsein gehalten werden, dass es sich bei Schulen um werbefreie Erfahrungs-, Schutz-, und Sozialisationsräumen handeln soll. Der Fokus auf die Produkte eines Anbieters kann als Product Placement großer internationaler Digitalunternehmen dieses Ziel unterminieren und auf das Konsumverhalten junger Menschen Einfluss nehmen. Um dem entgegenzuwirken bleibt der entscheidende Faktor zur Digitalisierung von Schule und Unterricht die Einbettung in ein schlüssiges pädagogisch-didaktisches Konzept, das nicht um einzelne Systeme wie das iPad herum konstruiert wird, sondern den Fokus auf die Vermittlung digitaler Grundkompetenzen legt. Das ein reflektierter und auf die Bedarfe von Lernenden ausgerichteter Einsatz der bewährten Systeme von Microsoft, Apple & Co gelingen kann, wird anhand der beiden vorgestellten Schulen deutlich.
Wie ein Gegenentwurf zu den vorgestellten Ansätzen aussehen kann, erfahren Sie in Teil II unserer Artikelserie. Dort nehmen wir Open Source-Lösungen in den Blick und liefern Einblicke in den schulischen Einsatz freier Software.