Im Webinar am 6. Oktober 2021 gab Andreas Brugger von der Pädagogische Hochschule Schaffhausen Einblicke, wie mit ePortfolios die Lernkultur verändert werden kann.
Portfolios können dafür genutzt werden, das Lernen zu reflektieren, mehr über das eigene Lernen herauszufinden, zu steuern, sichtbar zu machen und das Lernen dadurch weiterzuentwickeln. Anhand der Dokumentation der Lernschritte, werden nicht nur Erfolge sondern auch Herausforderungen und Lösungswege sichtbar, die jeden Weg beim Erwerb von Kompetenzen und Fähigkeiten charakterisieren.
Formen von Portfolios
Zu den unterschiedlichen Arten von Portfolios zählen Entwicklungs- und Lernportfolios, Projektportfolios und Präsentationsportfolios. Je nachdem welches Portfolio man nutzt, liegt der Fokus eher auf dem Prozess oder auf dem Produkt. Die Modelle lassen sich aber auch kombinieren. So können beispielsweise aus einem Entwicklungsportfolio Ergebnisse für ein Präsentationsportfolio generiert werden.
Besonderheit von ePortfolios
Der entscheidende Vorteil des digitalen ePortfolio ist es, im kollaborativen Prozess die Entwicklungsschritte teilen zu können, darüber in den Austausch zu gehen und darin gegenseitig Feedback geben zu können. Ein weiterer Vorteil: ePortfolios sind für alle überall verfügbar.
Das besondere Potential des ePortfolio ist die Vernetzung unterschiedlicher Lernprodukte. Demnach können unterschiedliche Formen in die Dokumentation einfließen, beispielsweise handschriftliche Zeichnungen, Fotos oder Videos.
Der Aufbau eines ePortfolios ist anspruchsvoll. Dabei hilft eine vergleichbare Struktur. Denkbar ist eine Dreiteilung in Prozessebene, Ressourcenebene und eine Kompetenzebene. Auf der Prozessebene kann in einem Lerntagebuch der Lernprozess dokumentiert und reflektiert werden. Bei der Einbindung von Lerntagebüchern hilft es den Lernenden ihre Gedanken zu ihrem Lernprozess auf das Wesentliche zu verdichten. Auf der Ressourcenebene wird Material ablegt, welches für das Lernziel relevant sind. Das können Videos, analoge oder digitale Textbeiträge, Literaturlinks, Kontakte oder selbstkreierte Lernprodukte sein: Alles was das Lernen in irgendeiner Weise unterstützt. Auf der Kompetenzebene formulieren die Lernenden ihre Kompetenzen: Dinge, die sie bereits können oder Dinge, die sie gern erreichen möchten. Entscheidend ist die Verknüpfung dieser drei Ebenen.
Scheitern als Chance
Im Portfolio zeigt sich auch, dass Lernprozesse nicht linear und vorhersehbar sind – sondern sehr persönlich und individuell. Manche Projekte dauern länger als vermutet. Sie können mit unbeholfenen Fragen und unsicheren Lernschritten beginnen. Es werden neue Fragen aufgeworfen, die Umwege nötig machen. Manche Lernwege führen vielleicht auch mal nicht zum gewünschten Ziel. Anhand des Portfolios können sich Lernende die Frage stellen: Was hindert mich am Weiterkommen? Was hat mir bei den ersten Lernschritten geholfen? Auch wenn Lernziele nicht erreicht werden, bietet das Portfolio ein ideales Werkzeug, das eigene Lernverhalten zu analysieren.
ePortfolios in der Schule
Lernwege mit allen persönlichen Irrwegen abzubilden, entspricht nicht immer der produktiven Haltung mit festgelegten Lernwegen im Schulsystem. Voraussetzung für den erfolgreichen ePortfolio-Einsatz in der Schule sind die passende pädagogische Haltung und damit verbundene selbstgewählte Lernvorhaben mit persönlicher Bedeutung, vielfältige Umsetzungsmöglichkeiten, Vernetzung und Ergebnisorientierung mit unterschiedlichen Lernprodukten. Damit der Sinn und Zweck des ePortfolios für alle Beteiligten ersichtlich ist, helfen Antworten zu diesen Fragen: Wann bringt uns ein ePortfolio etwas? Was ist der persönliche Nutzen?
Bestenfalls sammelt die Lehrperson selbst Erfahrungen in diesem Prozess und erstellt mit einem eigenen Vorhaben vorweg ein eigenes ePortfolio. Indem sie das ePortfolio oder Ausschnitte daraus mit den Lernenden teilt, können sich Lehrende und Lernende über gemeinsame Lernerfahrungen austauschen.
Während der Dokumentation der Lernfortschritte sammeln die Lernenden ihre persönlichen „Perlen“. Dabei braucht es Zeit für mündliche Reflektion und Feedback, um genügend Raum für die Bedeutsamkeit zu schaffen – nur die schriftliche Form funktioniert nicht. Da es für die meisten eine neue Lernform ist und insbesondere die Schüler:innen aus ihrer eingebübten extrinsischen Lernhaltung herausholt werden, benötigt insbesondere die Reflektion auf der Prozessebene ausreichend Übung und Raum. Zur Beurteilung kann sowohl das Lernprodukt als auch der Lernprozess in einem Kompetenzraster bewertet werden.
Indem sich die Lernenden ein individuelles Lernziel setzen und mit dem Werkzeug des Portfolios den Lernprozess dokumentieren und sichtbar machen, erleben sie die eigene Selbstwirksamkeit und werden in ihrem Lernprozess motiviert. Die Lernprodukte können dann mit Eltern und anderen Schüler:innen geteilt werden. Mit der Wertschätzung und dem Feiern der Lernerfolge erhält der Lernprozess einen starken Antrieb.
Geeignete Tools für ePortfolios
Bestenfalls wählen die Lernenden ihre persönliche Lernumgebung für das ePortfolio selbst aus, damit sie die Datenhoheit über ihr Projekt behalten und die Produkte für sich sichern können. Dazu bieten sich je nach Alter unterschiedliche digitale Formen an. Idealerweise sind es Werkzeuge, die im kollaborativen Prozess den Zugriff für mehrere Personen ermöglichen und Verlinkungen ermöglichen. Dazu gehören beispielsweise: evernote, Microsoft OneNote, Book Creator oder mahara.