Raum für kreatives Denken und Handeln. Das spielerische Ausleben eigener Ideen, das Benutzen, Teilen und Überdenken eigener Kreationen. Und ganz natürlich daraus entstehende neue Ideen und Kompetenzen. All das findet im Kindergarten täglich statt, ob im Spiel mit Bauklötzen oder Fingerfarben, ob mit Buntstiften, Puppen oder im Sandkasten. Im Schulunterricht hingegen wird diese Form kreativen Lernens kaum genutzt – und das, obwohl gerade sie eine ideale Vorbereitung für die Anforderungen fortschreitender Digitalisierung und sozialen Wandels ermöglicht. Schulen, noch besser eigentlich alle Lebensbereiche, sollten sich also durchaus etwas vom Kindergarten abgucken – auf dieser Idee beruht die von der Lifelong Kindergarten Group am MIT Media Lab des MIT entwickelte, bausteinbasierte Programmiersprache Scratch. Mit ihrer Hilfe können Kinder und Jugendliche interaktive Geschichten, Animationen oder auch Spiele programmieren und mit der weltweiten Scratch-Community teilen und weiterentwickeln. Auf diese Weise lernen sie, kreativ zu denken, systematisch vorzugehen, mit anderen zusammenzuarbeiten – und wie von selbst auch die Grundlagen von Programmierung und Design. Die im Januar veröffentlichte Version Scratch 3.0 bietet durch zahlreiche Erweiterungen und zusätzliche Inhalte neue Möglichkeiten, sich mit Hilfe von Scratch kreativ auszutoben.
Für Kinder und Jugendliche konzipierte Programmiersprache
Scratch ist gebührenfrei verfügbar und richtet sich insbesondere an Kinder und Jugendliche von acht bis sechzehn Jahren, wird jedoch quer durch alle Altersgruppen genutzt. Für jüngere Kinder im Alter von fünf bis sieben Jahren steht darüber hinaus eine vereinfachte Version bereit. Um für Neulinge und vor allem Kinder leicht zugänglich zu sein, beruht die Programmiersprache auf einem besonderen Prinzip: Die möglichen Programmbefehle werden nicht eingetippt, sondern in Form unterschiedlicher Bausteine visualisiert und können wie in einem Baukasten zusammengesteckt und mit Inhalten gefüllt werden. Auf simple Weise können Schülerinnen und Schüler so auch komplexe Befehlsketten erstellen, etwa für eigene Spiele. Zahlreiche vorgefertigte Figuren, Hintergründe oder auch Objekte bieten zudem eine umfangreiche Grundlage, um schnell und einfach mit dem Kreieren eigener Welten beginnen zu können. Zielgruppengerecht erklären verschiedene Video-Tutorials, wie das Programmieren mit Scratch funktioniert. Dadurch müssen vorab keine seitenlangen Bedienungsanleitungen gelesen werden und auch Menschen ohne Vorkenntnisse können leicht einsteigen und schon nach wenigen Klicks die ersten Resultate und Lernerfolge vorweisen. Benutzt wird Scratch auf dem entsprechenden Web-Portal direkt im Browser, ist für den Offline-Betrieb aber auch als Download-Programm verfügbar.
Einsatzmöglickeiten im Schulunterricht
Wozu und wie genau aber lässt sich Scratch im Unterricht einsetzen? Was und wie können Schülerinnen und Schüler damit lernen? Grundsätzlich ist Scratch für alle Fächer und Klassenstufen ab der dritten Klasse geeignet. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten drehen sich dabei um das aktive, kreative Lernen:
- Im Informatikunterricht lernen Kinder und Jugendliche die Grundlagen der Informatik und des Programmierens. Dabei entwickeln sie ein Grundverständnis dafür, wie ein Code funktioniert und wie Computerprogramme entstehen und arbeiten.
- Generell wird beim Einsatz von Scratch logisches Denken gefördert. Zudem schult die Projektarbeit in kleinen Teams Teamarbeit und Projektkompetenz.
- Im Geschichts- oder Deutschunterricht lassen sich historische oder fiktive Geschichten filmisch nacherzählen, um so erhaltene Informationen auf ganz neue Weise abzuspeichern, einzuordnen und anzuwenden.
- Mit der Programmierung eines Quiz können Kinder und Jugendliche ihr im Unterricht erworbenes Wissen anwenden und gegenseitig testen.
- Im Sprachunterricht können Lernende durch das Erstellen fremdsprachiger Geschichten ihre Sprachkenntnisse aktiv anwenden und verfestigen.
- Im Musikunterricht lassen sich Musikstücke erstellen.
- Mit Hilfe von Animationen lassen sich verschiedenste Zusammenhänge und Prozesse visualisieren und so aktiv nachvollziehen und lernen, z. B. in Physik, Biologie und Chemie, aber auch im Sportunterricht.
Spezielle Features für Lehrkräfte
Scratch lässt sich vielfältig verwenden – ob allein oder gemeinschaftlich. Ganz besonders ist die visuelle Programmiersprache für den Einsatz im Schulunterricht optimiert und bietet Lehrkräften zahlreiche schulgerechte Funktionen. Beispielsweise:
- Erweiterte Nutzungskonten für Lehrende zur Planung, Organisation und Durchführung von Unterrichtsstunden mit Scratch – auch diese gebührenfrei
- Erstellung von Klassen sowie Anlegen und Verwalten von speziellen, an das jeweilige Lehrkraft-Konto gebundenen Nutzungskonten für Schülerinnen und Schüler
- Organisieren der Projekte der Lernenden in Studios
- Verschiedene Code-Karten, die Schülerinnen und Schülern Schritt-für-Schritt-Anleitungen für das Programmieren bestimmter Elemente bieten
- Lehr-Anleitungen, die Lehrerinnen und Lehrern zeigen, wie Unterrichtsstunden mit Scratch vorbereitet und durchgeführt werden können
Neuerungen durch Scratch 3.0
Die im Januar veröffentlichte Version Scratch 3.0 hält für Anwendende mehrere Verbesserungen sowie einige ganz neue Optionen bereit:
- Mehrere Programm-Erweiterungen, die kontinuierlich ergänzt werden, sorgen für noch mehr Möglichkeiten durch neue Code-Bausteine. Bislang eingebunden:
- Die Google-Translate-Erweiterung lässt Figuren in Fremdsprachen sprechen.
- Die Amazon-Text-to-Speech-Erweiterung stellt Text von Figuren in gesprochener Sprache dar.
- Die Video-Sensing-Erweiterung bietet neue Möglichkeiten für die Interaktion mit Figuren, indem diese auf die per Webcam aufgezeichneten Bewegungen der Nutzenden reagieren.
- Mehrere LEGO-Programmerweiterungen ermöglichen die Verknüpfung von digitaler und physischer Welt, etwa durch das Programmieren und Steuern selbstgebauter Roboter.
- Zusätzliche Tutorials und Inspirationen für alle Erfahrungsstufen
- Zahlreiche neue Inhalte wie z. B. Figuren, Töne und Hintergründe
- Verbesserter Sound- und Bild-Editor zum Erstellen und Bearbeiten eigener Töne und Bilder
- Nutzbarkeit auf dem Tablet (Mobile Safari und Mobile Chrome) sowie offline als Desktop-Version für Windows und MacOS