© Tandem 7 (Evonik Technology & Infrastructure GmbH Hanau, Heraeus Holding GmbH — Ludwig-Geisler-Schule Hanau)
Im Interview berichten die Mitglieder des Tandems Evonik Technology & Infrastructure GmbH Hanau, Heraeus Holding GmbH — Ludwig-Geisler-Schule Hanau von der Implementierung ihrer Wissensbibliothek. Für die Ludwig-Geisler-Schule nahm die Lehrerin Andrea Buttler, für die Evonik Technology & Infrastructure GmbH der Ausbilder Ralf Holzschuh teil.
In welchem Fachbereich ist Ihr Tandem aktiv?
Ralf Holzschuh (RH): Wir kooperieren bei den Ausbildungen Chemielaborant:in und Chemikant:in. Diese dauern je dreieinhalb Jahre, aufgeteilt in Blöcke: Zwei Wochen Berufsschule und sechs bis acht Wochen Betrieb im Wechsel.
Was motiviert Sie, sich im Themenfeld „Stärkung der Lernort-Kooperation mit digitalen Ansätzen“ zu engagieren?
Andrea Buttler (AB): Im Rahmen der dualen Ausbildung kooperieren wir schon seit Langem. Daher lag es nahe, sich auch für das Projekt zur Digitalisierung zusammenzutun. Das Besondere an unserem Tandem ist, dass unsere Schule in diesem Projekt mit zwei betrieblichen Partnern zusammenarbeitet – Evonik und Heraeus.
Wie lautete das Projektvorhaben, das sie zu Beginn formuliert haben?
RH: Es sollte eine digitale Plattform zum inhaltlichen Austausch zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb eingerichtet werden.
Was haben Sie sich davon versprochen?
RH: Wir wollten erreichen, dass die Auszubildenden erkennen, dass es zwischen Schul- und Arbeitsleben inhaltlich keine so großen Unterschiede gibt. Viele Themen werden ihnen während ihrer Ausbildung parallel oder auch mehrfach vermittelt – einmal im Betrieb und einmal in der Schule – dabei sollte alles aufeinander aufbauen. Mithilfe der Plattform erreichen wir, dass beide Seiten die Inhalte der jeweils anderen kennen. So können wir das, was in der Schule besprochen wurde, im Betrieb gleich praktisch umsetzen.
Gibt es konkrete Erfolge, von denen Sie erzählen können?
AB: Wir haben eine Wissensbibliothek auf einer Plattform eingerichtet. Hier hinterlegen wir thematisch relevante Dokumente, gegliedert nach Lernfeldern und Arbeitsschwerpunkten. Gepflegt wird diese Plattform von den Auszubildenden selbst; sie stellen ihre Projektbeschreibungen, Referate und Versuchsvorschriften selbst ein und damit auch anderen Schüler:innen zur Verfügung. Ebenso können wir Lehrer:innen und Ausbilder:innen darauf zugreifen und nachsehen, welche Themen bereits bearbeitet wurden.
Mit welchen Hindernissen hatten Sie im Laufe des Projekts zu tun?
AB: Wie alle anderen hatten wir direkt mit dem Projektauftakt mit Corona zu kämpfen. Vieles konnte nur digital stattfinden, obwohl Präsenztreffen an manchen Stellen bestimmt hilfreicher gewesen wären. Da die Schule sowie die Betriebe in Hanau ansässig sind, konnten wir uns trotzdem ein paarmal richtig treffen.
RH: Es ist generell schwer, wenn zwei Firmen und eine Berufsschule IT-technisch zusammenarbeiten. Mit Blick auf Datenschutz und IT-Sicherheit war es zunächst schwer vorstellbar, eine gemeinsame Plattform in einem bestimmten Unternehmen „aufzuhängen“. Hier war es für uns sehr hilfreich, dass wir den Server der Schule nutzen konnten.
AB: Wenn unsere Schule nicht schon vorher mit einem funktionierenden IT-System gearbeitet hätte, wäre es sicherlich nur schwer möglich gewesen, den Datentransfer regelgemäß zu gestalten. Glücklicherweise konnten wir die Wissensbibliothek auf dem Schulserver verorten.
Gab es Rückmeldungen zur Plattform vonseiten der Auszubildenden?
AB: Zunächst einmal ist es gut, dass sich die Auszubildenden selbst um die Pflege der Plattform kümmern können, so dass wir Kolleg:innen ihnen einfach Dokumente zukommen lassen können, welche diese dann hochladen. Manchmal haben die Auszubildenden Rückfragen zu inhaltlichen oder strukturellen Dingen – da merkt man schon, dass die Plattform erst noch „im Werden“ und das Handling noch nicht ganz vertraut ist. Aber generell kommen alle gut damit zurecht.
Was waren entscheidende Bedingungen, dass Sie gut zusammenarbeiten und das Projektvorhaben voranbringen konnten?
AB: Viele aus unserem Kollegium und die Ausbilder:innen der Firmen sind bereits gemeinsam in den Prüfungsausschüssen der IHK und tauschen sich bei Bedarf ohnehin aus. Ich denke, dass ein Projekt wie dieses noch einmal besser funktioniert, wenn man schon vorher gut zusammengearbeitet hat.
Wie geht es mit dem Projektvorhaben nach der Netzwerk-Teilnahme weiter?
AB: Die Plattform soll weiter mit Leben gefüllt und zu einem hilfreichen Nachschlagewerk auch für andere Ausbildungsjahrgänge werden.
RH: Bisher nutzen nur die Schüler:innen des ersten Ausbildungsjahres das Angebot. Aber wenn im nächsten Schuljahr die „Neuen“ gleich damit starten und die „Alten“ die Plattform weiterhin nutzen, wird diese hoffentlich bald zum Standard im Schulalltag.
AB: Neben Evonik und Heraeus stellen wir die Plattform auch anderen, kleineren Ausbildungsbetrieben zur Verfügung, so dass auch dort der Austausch mit der Schule digitalisiert wird.
Welche Rahmenbedingungen brauchen Projekte wie Ihres, um erfolgreich durch- und fortgeführt zu werden?
RH: Wichtig ist, dass den Auszubildenden die entsprechende Hardware zur Verfügung steht. Evonik und Heraeus hatten die Schüler:innen glücklicherweise schon vor der Pandemie mit Tablets oder anderen Endgeräten ausgestattet. Digitalisierung war daher schon vorher ein Stück weit Realität für sie – was für deren Akzeptanz der gemeinsamen Plattform sicherlich von Vorteil war.
AB: Zudem ist es im Bereich der Digitalisierung wichtig, dass Projekte wie unseres nicht an den Hürden des Datenschutzes scheitern. Die Logistik muss stimmen, damit man alles so durchführen kann wie geplant.
Wie kam es, dass Sie ein Tandem wurden und wie haben Sie sich organisiert?
AB: Evonik und Heraeus sind für unsere Schule die größten Kooperationspartner, daher lag es nahe, im Rahmen des Digitalisierungsprojektes auch beide Firmen einzubinden. Um uns abzustimmen, haben wir regelmäßig feste Termine eingerichtet und konnten uns trotz Pandemie auch ein paarmal vor Ort treffen.
RH: Natürlich standen wir auch zwischen den organisierten Treffen immer wieder in Kontakt.
Was hat sich während Ihrer Zusammenarbeit verändert?
RH: Es ist generell positiv, gemeinsam an einem bestimmten Projekt zu arbeiten. Denn selbst wenn wir bereit Partner:innen sind, haben wir im normalen Ausbildungsalltag nicht sehr oft direkt miteinander zu tun. Nun haben wir uns über zwei Jahre lang regelmäßig getroffen, unsere Zusammenarbeit intensiviert und gemeinsam etwas geschaffen – davon profitieren wir alle.
Wie bewerten Sie rückblickend Ihre Teilnahme an den Veranstaltungen und am Projekt #HESSENbildung.digital?
AB: In Summe konnten wir an sechs Netzwerktreffen oder Seminaren teilnehmen und insgesamt kann man sagen, dass wir sehr erfrischende und den Horizont erweiternde Fachvorträge hatten. In den darauf folgenden Arbeitstreffen war unser Tandem immer sehr produktiv.
RH: Wir haben im Rahmen der Veranstaltungen auch neue, vor allem digitale Methoden kennengelernt, die wir noch nicht kannten und die uns selbst viel Spaß gemacht haben. Bestimmte Ideen und Techniken können wir nun auch selbst nutzen, um mit unseren Auszubildenden zu arbeiten.