Projektwoche 4.0: Tafel trifft Turing
Ein Schulhalbjahr lang entwickelten Lehramts- und Informatikstudierende gemeinsam mit der Hamburger Stadtteilschule Wilhelmsburg Lernbausteine für einen kreativen und kritisch-reflektierten Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Das Projekt im Rückblick.
An einem winterlichen Morgen auf der Elbinsel Wilhelmsburg beginnt die Projektphase an der Stadtteilschule Wilhelmsburg. Inmitten der lebendigen Eingangshalle stehen Emilio, Wirtschaftsinformatikstudent, und Elisabeth, angehende Sonderpädagogin. Sie schmunzeln darüber, dass sie in diesem Wintersemester in einer Schule statt im Seminarraum stehen.
Einige Wochen zuvor hatten sie sich für zukunft.digital beworben. Ziel des Programmmoduls: Studierende arbeiten gemeinsam mit Schulen an individuellen KI-Projekten. Die Ideen kommen von den Schulen selbst – das Matching erfolgt passgenau nach Fachrichtung und Interesse. So entsteht das Projektteam aus Emilio, Elisabeth und Lehrerin Konstanze.
Brückenbauer zwischen Informatik und Pädagogik
Zu Beginn legen sie Meilensteine und Ziele fest: Am Ende der Projektzeit soll ein Konzept für eine schulinterne Projektwoche stehen, das eigenständig und kontinuierlich durch das Kollegium genutzt werden kann. Emilio und Elisabeth kuratieren die potentiellen Inhalte der Projektwoche. Als angehender Wirtschaftsinformatiker bringt Emilio technisches Know-how mit. Um es für Schüler:innen greifbarer zu machen, nimmt er an einer Exkursion ins Artificial Intelligence Center (ARIC) statt, das Knowledge Partner bei zukunft.digital ist. Hier wird ein interaktiver Impulsvortrag mit einer Showroomführung kombiniert, bei der praktische und alltägliche Einsatzmöglichkeiten von KI vorgestellt werden.
Elisabeth sorgt für die pädagogische Fundierung: Sie entwickelt für Emilios fachliche Themenblöcke didaktisch durchdachte Lernbausteine, die sowohl kreative Anwendung als auch kritische Reflexion ermöglichen. Sie beschreibt rückblickend:
„Mein Studium bot die nötige Grundlage, um differenzierte Lösungen zu entwickeln, die den Bedürfnissen verschiedener Zielgruppen gerecht werden. Konzepte, die zunächst abstrakt wirkten, konnten durch praktische Anwendungen und konkrete Beispiele besser verstanden werden. Dies half, theoretisches Wissen in der Praxis zu verankern und auf realitätsnahe Fragestellungen zu übertragen.“
Um diese Lernbausteine in der Praxis zu erproben, plant das Projektteam einen Schulbesuch. Und so stehen Elisabeth und Emilio wenige Zeit später in der Eingangshalle der Stadtteilschule Wilhelmsburg.
Testlauf im Klassenzimmer
Wenig später ist es so weit: Das Team testet die erarbeiteten Lernbausteine in einer 9. und einer 11. Klasse der Stadtteilschule Wilhelmsburg. Im Kreativraum der Schule treffen sie letzte Absprachen, bevor es losgeht. Die beiden Studierenden sind nervös, aber auch voller Vorfreude. Für Elisabeth ist die Stunde bereits ein Probelauf für ihren späteren Beruf, während Emilio seit seiner eignen Schulzeit nicht mehr in einem Klassenzimmer stand.
Die Schüler:innen sollen mithilfe einer KI individuelle Pläne erstellen, zum Beispiel einen Lern-, Trainings- oder Reiseplan. Die Aufgabe ist nicht nur kreativ, sondern soll den Jugendlichen auch vermitteln, wie wichtig präzise Eingaben (Prompts) für sinnvolle KI-Antworten sind. Doch zur Überraschung des Teams sind viele schneller fertig als erwartet – was für 90 Minuten geplant war, ist nach 30 erledigt.
Flexibel reagieren: Aus Plan B wird ein neues Lernformat
Dank der Erfahrung von Lehrerin Konstanze wird die unerwartete Situation zur Chance. Sie leitet die beiden Studierenden in eine lösungsorientierte Richtung und gemeinsam entwickeln sie spontan eine neue Einheit: einen Turing-Test. Die Schüler:innen formulieren Fragen, die mal von der KI, mal von ihnen selbst beantwortet werden. Anschließend versucht die Klasse zu erkennen, welche Antworten menschlich und welche maschinell sind.
Die Reaktionen reichen von Staunen bis zu lautem Lachen – etwa bei der Frage: „Warum dürfen Lehrkräfte zu spät kommen und Schüler:innen nicht?“ Elisabeth und Emilio erleben, wie kreativ und humorvoll die Jugendlichen an das Thema herangehen.
In der anschließenden 11. Klasse wird deutlich: Zwischen den Altersgruppen bestehen große Unterschiede im Umgang mit KI. Während die Jüngeren spielerisch ausprobieren, zeigen die Älteren mehr Tiefe in der Diskussion – etwa zu ethischen Fragen oder gesellschaftlichen Folgen von KI. „Mich hat beeindruckt, wie unterschiedlich beide Gruppen auf das Thema reagiert haben“, sagt Elisabeth.
Anpassung und Weiterentwicklung
Die gewonnenen Erkenntnisse fließen direkt in die Weiterentwicklung des Projektwochenkonzepts ein. Flexibilität, Differenzierung und kreative Selbsttätigkeit rücken stärker in den Fokus. Emilio und Elisabeth überarbeiten die Inhalte, gestalten neue Aufgabenformate und strukturieren den Wochenablauf mit täglichem Input, Praxisphasen und Reflexionseinheiten – offen genug für spontane Ideen.
Schließlich steht das Konzept. Ein zentrales Element: der kreative Umgang mit KI. Die Schüler:innen schreiben Geschichten, erstellen KI-generierte Illustrationen und diskutieren, wie sinnvoll oder auch problematisch solche Tools sein können. Dabei entsteht ein Raum für kritisches Denken und Medienreflexion.
Abschlussworkshop: Wissen weitergeben