In den Netzwerken des Programms bildung.digital arbeiten die Schulteams nicht nur an ihren Projektvorhaben, sondern finden in den anderen beteiligten Schulen bereichernde Tandempartner. Diese Partnerschulen stehen auch außerhalb der Netzwerktreffen in regelmäßigem Praxisaustausch und profitieren in ihrem Entwicklungsprozess vom objektiven Blick ihrer Tandemschule. Den Höhepunkt dieser professionellen Partnerschaft erleben die Schulen in der gegenseitigen Hospitation, die sie selbst gestalten und organisieren. Das Programm bildung.digital unterstützt die Digitalen Schulentwicklungsnetzwerke mit zusätzlichen finanziellen Mitteln bei diesem bewährten Format der Vernetzung.
Weshalb gegenseitige Besuche vor Ort besonders gewinnbringend sind, schildern zwei Lehrkräfte aus dem Medienteam der Grundschule am Heidenberger Teich in Kiel, Kai Milde und Kim Lauinger.
An welchem Projektvorhaben haben Sie im Netzwerk bildung.digital gearbeitet?
Kai Milde (KM): Unserer Schule hat einen Medienschwerpunkt, Tablets und Lern-Apps kommen schon ab der ersten Klassenstufe zum Einsatz, ältere Schüler:innen erwerben erste Programmierkenntnisse. In der ersten Programmphase haben wir ein Medienkonzept zur Digitalisierung entwickelt. Es umfasst unter anderem eine Methodensammlung, Fortbildungsmaßnahmen, Mediennutzungsvereinbarungen und die Aktualisierung unserer Homepage. Zudem haben wir unseren Computerraum mithilfe neuer Sitz- und Arbeitsbereiche, flexiblem Mobiliar und moderner Hardware wie iPads zu einer digitalen Lernwerkstatt weiterentwickelt. Nun können die Schüler:innen aus dem Vollen schöpfen – digitales Lernen ist schließlich mehr, als nur vor dem PC sitzen. In der zweiten Netzwerkphase standen gegenseitige Vor-Ort-Besuche bei Tandemschulen auf dem Programm.
Mit welcher Schule arbeiten Sie im Tandem und wie kam es zu dieser Partnerschaft?
KM: Unsere Partnerschule ist die Kulturwerkschule, eine Grund- und Oberschule in Dresden. Wir konnten bei den ersten Videokonferenzen im Netzwerk einige gemeinsame Schnittpunkte feststellen: Wir finden beispielsweise die dort entstehenden digitalen Lernlandkarten spannend, die Dresdner interessieren sich für die technische Ausstattung bei uns. Zudem haben wir das Gefühl, dass wir auf einer Wellenlänge sind.
Fanden die Hospitationen vor Ort bereits statt?
KM: Unser Besuch an der Dresdner Schule musste wegen der Pandemie dreimal verschoben werden, daher waren wir noch nicht dort. Aber das Team aus der Kulturwerkschule war schon bei uns und konnte unseren Schulalltag zwei Tage lang begleiten. Weil wir auch abends etwas gemeinsam unternommen haben, gab es viele Gelegenheiten zum Austausch.
Kim Lauinger (KL): Ich konnte den Besuch der Dresdner Kollegen in meiner Rolle als Lehrkraft miterleben: Das Team hospitierte in meinen Unterrichtsstunden.
Was konnten die Besucher:innen mitnehmen?
KM: Das Team der Kulturwerkschule interessierte sich insbesondere dafür, wie wir die digitalen Medien organisieren. Also für die technische Ausstattung, das Hosting, die Serveranmeldung und die Datenverwaltung an unserer Schule.
Was erhofft sich Ihr Team von der anstehenden Hospitation in Dresden?
KM: Wir wollen uns dort das Projekt der Lernlandschaften anschauen. Das Tool geht über klassische Managementsysteme für schulische Inhalte hinaus, weil es Transparenz und Bewertungsmöglichkeiten in einem bietet. Ein Programmierteam der Dresdner Schule ist gerade dabei, dieses Tool zu entwickeln, das finden wir sehr spannend. Wir werden auf jeden Fall am Gegenbesuch in Dresden festhalten, denn wir haben ja bei dem Netzwerktreffen in Berlin erlebt, wie bereichernd analoger Austausch sein kann.
Was ist der Vorteil von Schulbesuchen?
KM: Die Hospitationen sind für uns der Kern der Produktivität. Man kann live sehen, wie die Kinder im Unterricht mit digitalen Medien arbeiten. Während der Rahmenveranstaltungen haben wir die Gelegenheit, ungezwungen Ideen und Tipps mit anderen Lehrkräften auszutauschen. All das hinterlässt ein ganz anderes Bild und man bekommt Lust, neue Dinge auszuprobieren. Erst wenn man aus dem eigenen Schulalltag „herausgelöst“ ist, erhält man den nötigen Freiraum für Entwicklung.
Wie profitieren Ihre Kolleg:innen und Schüler:innen von den Hospitationen?
KL: Wir geben den fachlichen Input natürlich weiter. Beispielsweise stellen wir in einer Art Mini-Fortbildung zu Beginn unserer Lehrerkonferenzen immer ein „Tool des Monats“ vor. Das letzte Mal haben wir dem Kollegium gezeigt, wie man über eine Sprachaufnahme-App und einen QR-Code den Schüler:innen und Eltern personalisierte Audiobotschaften übermitteln kann.
KM: Wenn wir mit neuen Ideen, Tools und mediendidaktischen Konzepten nach Hause kommen, profitieren natürlich auch die Schüler:innen. Sie lernen von Anfang an, mit neuen Medien zu arbeiten und fungieren selbst als Expert:innen: So haben sie beispielsweise anderen Schulen einen „Greenscreen“ vorgestellt.
KL: Manche Kinder weisen neue Lehrkräfte ins Programmieren ein, darin sind sie teilweise geübter als Erwachsene. Wir freuen uns, wenn wir mit digitalen Tools viele Schüler:innen mit unterschiedlichen Interessen und Kompetenzen erreichen und einbinden können.
Wann ist eine Hospitation generell erfolgreich?
KM: Bei einem Einzelaustausch von nur zwei Schulen ist die Freiwilligkeit wichtig, und dass beide Seiten gemeinsame Schnittpunkte und Interesse aneinander haben. Das ist bei Hospitationen im Rahmen von Netzwerktreffen, also in Großgruppen, nicht so wichtig. Denn da hat man während der Reise generell so viel Austausch mit anderen Leuten, dass man auch dann etwas mitnimmt, wenn die besuchte Schule nicht zu den eigenen Interessen passt. Interessanterweise nimmt aus solchen Schulen meistens dann doch etwas mit: Überraschende Impulse, mit denen man nicht gerechnet hat.
KL: Bei Hospitationen ist es wichtig, dass man frei und offen miteinander redet – und sich nicht vor der Gastschule verstellt oder schauspielert. Man sollte also nicht nur die Vorteile eines Projekts vorstellen, sondern auch die Nachteile. Nur so kann die andere Seite wirklich beurteilen, ob etwas auch für sie passt oder nicht.
Wie bleiben Sie mit der Partnerschule in Kontakt?
KM: Wir halten Kontakt über Videocalls, Telefonate und auch Messenger Dienste, so dass wir weiterhin Dinge klären können. Beispielsweise kann man sich bei technischen Fragen auf kurzem Wege erkundigen: Wie war das nochmal bei euch? Habt ihr Tipps für uns? Auch unsere Schulleitungen halten Kontakt. Nun freuen wir uns auf den Gegenbesuch in Dresden, das Projekt der Schullandschaften wollen wir uns unbedingt anschauen.