Mit der etablierten Infrastruktur war es jedoch nicht getan. Regina Westermann erzählt: „Wir haben schnell gemerkt, dass wir uns weiterentwickeln müssen. Nicht nur in Hinblick darauf, wie wir das digitale Lernen und Lehren an der Schule organisieren wollen, sondern auch, wie ein entsprechendes Leitbild aussehen kann, wenn die basalen Strukturen geschaffen sind“. Zunächst brauchte es Fortbildungen für das Kollegium. Denn Endgeräte zu besitzen, so die Lehrerin weiter, bedeute nicht, damit auch umgehen zu können. Das Kollegium hat sich zwei Jahre gegeben, um das grundständige Arbeiten mit dem dienstlichen Endgerät in unterrichtlichen Kontexten professionell zu handhaben.
Deeper Learning
Das Schulkollegium widmete sich anschließend dem Leitbild und verschrieb sich dem Deeper-Learning-Modell von Anne Sliwka. Das Modell vereint verschiedene Ansätze wie das interdisziplinäre, projektorientierte, selbstorganisierte und ko-konstruktive Lernen, welches junge Menschen auf die Lösung von komplexen Problemen der Zukunft vorbereiten soll. Das Modell bietet allen Lehrkräften die Möglichkeit, ihre Form der Instruktion über Ko-Konstruktion so umzusetzen, wie sie es entsprechend ihrer Unterrichtsanlage umsetzen wollen. „Wir haben also ein verbindliches Modell für die Schule, ohne die pädagogische Freiheit der Kolleg:innen einzuschränken“, betont die Schulleiterin.
Doch was bedeutet das konkret für den Unterricht? Die Fachschaften entwickeln Unterrichtsreihen innerhalb des Medienkompetenzrahmens NRW, die von den Kolleg:innen der Schule genutzt werden können, um innerhalb des Deeper Learning Modells Inhalte zu vermitteln. So entwickeln beispielsweise Schüler:innen der 8. Jahrgangsstufe im Matheunterricht Lernvideos zur Flächenberechnung in unterschiedlichen Sozialformen. Diese Lernvideos ersetzen im Sinne eines alternativen Prüfungsformats dann wiederrum eine Leistungsbewertung. „Wir wollen nicht nur unterrichtlich andere Wege gehen, sondern auch Leistungsüberprüfungen in einen anderen Kontext setzen“, betont Regina Westermann.
Über eine gezielte Medienerziehung ab Klassenstufe 5 werden die Schüler:innen zudem an die digitalen Endgeräte herangeführt. Dabei gehe es nicht nur um den Umgang mit den Office365 Tools und Apps, sondern auch um die kritische Reflexion von Inhalten.
Unterstützungsbedarfe
Obwohl die Schule mittlerweile über eine gute technische Infrastruktur verfügt und fast ausschließlich mit digitalen Lehrwerken arbeite, gebe es Bereiche, in denen die Schulleiterin noch Unterstützungsbedarfe beobachte. Mit verschiedenen Sprechstunden und einem Leitfaden werden Eltern beispielsweise in der Verwaltung und Nutzung der Endgeräte und Apps unterstützt. „Wir nehmen wahr, dass Schüler:innen, die digitale Geräte zuhause nicht nutzen, noch mal sehr viel mehr Unterstützung durch uns benötigen. Diese Unterstützung versuchen wir möglich zu machen“, so die Schulleiterin.
Auch das Thema Cybermobbing, welches an der Schule ein zentrales Thema ist, wird mit verschiedenen Angeboten und in Kooperation mit externen Partnern umfassend behandelt. So bietet die Schule beispielsweise zweimal jährlich digitale Elternabende zu dem Thema an, während die Polizei Düren und auch ein Bezirksbeamte in regelmäßigen Abständen Informations- und Austauschtermine an der Schule anbietet. Auch die digitalen Helden – eine gemeinnützige Organisation, die Schulen und Familien im Umgang mit digitalen Medien unterstützt – waren bereits für mehrere Tage an der Schule und haben die Schüler:innen der 9. Jahrgangsstufe im Umgang mit persönlichen Daten geschult. Zudem verfügt die Schule über eigene Medienscouts. Hier klären Schüler:innen in einem Peer-to-peer-Ansatz andere Schüler:innen unter anderem über das Thema Cybermobbing auf.
Qualifizierung durch Mikrofortbildungen und Lernsnacks
Bei allen Veränderungen und digitalen Neuerungen spielt die Professionalisierung im Schulkollegium eine wichtige Rolle. Regina Westermann erklärt: „Je mehr digitale Wege wir anbieten, desto schwieriger ist es für das Kollegium Schritt zu halten.“ Neben zwei bis drei größeren Fortbildungen im Jahr, die meist mit externen Fortbildner:innen durchgeführt werden, setzt die Schule vor allem auf interne Formate wie die Mikrofortbildungen und sogenannten „Lernsnacks“. Hier geben einzelne Kolleg:innen ihr Wissen an das Kollegium weiter. Die Bedarfe werden aktuell über eine digitale „Suche-Biete-Wand“ gesammelt und organisiert. Auch Materialien und Informationen aus Individualfortbildungen werden digital zur Verfügung gestellt – oder sind Teil interner fachlicher Impulse. Daneben gibt es auch einen zweiwöchentlichen Newsletter, der komprimiert alle wichtigen Informationen für das Kollegium bereithält. „Wir versuchen all diese Maßnahmen so in den Schulalltag zu integrieren, dass es vom Kollegium als Entlastung und Unterstützung der Professionalisierung gesehen wird – und nicht als eine Belastung“, erzählt die Schulleiterin weiter. Dazu gehöre auch, die Ressourcen in Hinblick auf die Ziele gut im Blick zu behalten. „Wir sind uns im Kollegium darüber einig, was wir für unsere Schüler:innen wollen. Aber wir müssen auch schauen, dass wir unsere Ziele so umsetzen, dass wir diese auf einem gesunden Weg realisieren können“, betont die Schulleiterin.