ICILS 2023: So steht es um die digitalen Kompetenzen von Achtklässler:innen

Bereits zum dritten Mal untersucht die International Computer and Information Literacy Study 2023 – kurz: ICILS – die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Schüler:innen der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Neben Deutschland beteiligen sich weltweit 35 weitere Bildungssysteme. Die zentralen Ergebnisse im Überblick. 

In der Studie wird sowohl der aktuelle Status Quo der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Achtklässler:innen als auch die Kompetenzen im Bereich „computional Thinking“ untersucht und international verglichen. Dabei spielen auch die Rahmenbedingungen des Kompetenzerwerbs und die Berücksichtigung technologischer und pädagogischer Weiterentwicklungen über einen zehn- bzw. fünfjährigen Zeitraum eine Rolle in der Studie. 
 

Die zentralen Ergebnisse im Überblick: 
 

• Die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Achtklässler:innen liegen zwar knapp über dem internationalen Durchschnitt, jedoch zeigt sich ein signifikanter Kompetenzrückgang seit 2013. 
• Besorgniserregend ist, dass über 40 % der deutschen Achtklässler:innen nur grundlegende digitale Fähigkeiten besitzen, was ihre erfolgreiche Teilhabe an der digital geprägten Gesellschaft erschwert. Nur ein sehr kleiner Anteil (1,1 %) der Schüler:innen kann komplexe digitale Aufgaben eigenständig bewältigen und erreicht die höchste Kompetenzstufe. 
• Die Kompetenzen variieren stark nach besuchter Schulform: Achtklässler:innen an Gymnasien erreichen im internationalen Vergleich hohe Kompetenzen, während an den nicht gymnasialen Schulformen der Sekundarstufe I die Kompetenzstände unterdurchschnittlich sind. 
   

Die Studie untersucht auch den Zusammenhang zwischen Hintergrundmerkmalen von Schüler:innen und dem digitalen Kompetenzerwerb – mit folgenden Ergebnissen: 
 

• In Deutschland zeigen Achtklässler:innen mit Zuwanderungshintergrund weiterhin deutlich geringere computer- und informationsbezogene Kompetenzen als ihre Mitschüler:innen ohne Migrationshintergrund. Dabei ist diese Kompetenzlücke in Deutschland signifikant größer als im internationalen Durchschnitt und auch höher als in anderen EU-Ländern. 
   
• Auch die Familiensprache und die soziale Herkunft hat einen starken Einfluss auf den digitalen Kompetenzerwerb. Achtklässler:innen, die zu Hause Deutsch sprechen, erreichen mehr Punkte (521) als Schüler:innen, die zu Hause eine andere Sprache verwenden (463). Ebenso übertreffen Achtklässler:innen aus Haushalten mit hohem kulturellen Kapital Mitschüler:innen aus weniger kultivierten Haushalten um 57 Punkte. Diese Differenzen unterstreichen den großen Einfluss sozialer Ungleichheiten auf die digitale Bildung und den Zugang zu computer- und informationsbezogenen Kompetenzen ebenso wie die Hürden für mehrsprachige Kinder im deutschen Bildungssystem.  

Die Nutzung digitaler Medien aus unterschiedlichen Perspektiven

In die Studie flossen auch die Perspektiven der Schüler:innen, der Lehrkräfte und Schulleitungen auf das Lernen mit digitalen Medien und den Erwerb von computer- und informationsbezogenen Kompetenzen ein. Hier zeigt sich folgendes Bild: 

Die Perspektive der Schüler:innen:
 

• Nur ein Viertel der Achtklässler:innen gab an, digitale Medien für schulische Aufgaben täglich zu nutzen. Trotz dieser begrenzten Nutzung sehen Schüler:innen aber großes Potenzial in digitalen Medien: Rund 90 % geben an, dass sie den Umgang damit in der Schule erlernen möchten und finden das Lernen mit digitalen Medien motivierend. Zudem glauben über 80 % der Achtklässler:innen, dass technologische Fortschritte das Leben verbessern und helfen, die Welt besser zu verstehen. Gleichzeitig sehen sie aber auch Risiken: Über zwei Drittel warnen, dass zu viel Mediennutzung soziale Abgrenzung fördern und der Gesundheit schaden könnte.

Die Perspektive der Lehrkräfte:
 

• Die Ergebnisse zeigen ein hohes Engagement der deutschen Lehrkräfte für digitale Medien im Unterricht: Fast 70 % setzen sie inzwischen täglich ein – ein erheblicher Anstieg im Vergleich zu den letzten zehn Jahren.
• Gleichzeitig bestehen in der Lehrkräftebildung noch deutliche Entwicklungsbedarfe, besonders bei fachspezifischen Methoden und digitalen Tools zur Lernstandserfassung, die bislang nur selten Teil der Ausbildung sind. Auch die Vorbereitung auf Herausforderungen wie Cybermobbing und die kollaborative Nutzung digitaler Medien im Lehrerkollegium bleibt oft unberücksichtigt. 
• Dennoch nehmen viele Lehrkräfte inzwischen aktiv an Fortbildungen zur fachlichen und integrativen Nutzung digitaler Medien teil. Allerdings gibt nur ein kleiner Teil an, Fortbildungen zur gezielten Unterstützung von Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf besucht zu haben.

Die Perspektive der Schulleitungen
 

• Schulleitungen in Deutschland legen zunehmend Wert auf den sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien: Fast zwei Drittel der Schüler:innen besuchen eine Schule, an der dieses Ziel eine hohe Priorität hat. 
• Weniger stark gewichtet wird jedoch die Förderung von Kompetenzen zur gezielten Informationssuche und -nutzung, die nur an 43 % der Schulen als sehr wichtig angesehen wird. 
• Schulleitungen betonen zudem, dass technische Verbesserungen wie schnelleres und zuverlässigeres Internet, eine höhere Anzahl digitaler Lernressourcen und mehr Computer für Schüler:innen notwendig sind, um digitales Lernen weiter zu unterstützen.

Die technischen Rahmenbedingungen

Die ICILS 2023 zeigt, dass sich die digitale Ausstattung an deutschen Schulen seit 2018 deutlich verbessert hat, was auf erfolgreiche Förderprogramme hinweist. 

• Eine Mehrheit der Achtklässler:innen hat Zugang zu grundlegenden Anwendungen wie E-Mail, gemeinschaftlichen Online-Tools, WLAN und Lernmanagementsystemen. 
• Die WLAN-Nutzung bleibt oft eingeschränkt: Nur etwa 31 % der Schüler:innen können es regelmäßig nutzen, und 4 % der Schüler:innen haben gar keinen WLAN-Zugang an ihrer Schule. 
• Verbessert hat sich auch das Verhältnis von Schüler:innen zu digitalen Endgeräten. Die Studie zeigt, dass mittlerweile fast nahezu fünf Schüler:innen ein digitales Gerät teilen – im Jahr 2018 waren es noch knapp 10.  Auch Basis-Software wie Präsentations- und Textverarbeitungsprogramme sind fast überall verfügbar, während fortschrittliche Tools wie Virtual-Reality- und adaptive Lernsysteme nur an wenigen Schulen angeboten werden.

Ergebnisse zu den Kompetenzen im Bereich ‚Computational Thinking‘
 

Die Studie zeigt, dass die durchschnittlichen Kompetenzen deutscher Achtklässler:innen im Bereich Computational Thinking stabil geblieben sind und im internationalen Vergleich im Mittelfeld liegen. 

• Etwa ein Drittel der Schüler:innen besitzt nur grundlegende Fähigkeiten, wie das Erkennen einfacher algorithmischer Muster, während rund 5 % die höchste Kompetenzstufe erreichen und komplexe Probleme eigenständig lösen oder Codes anpassen können. 
• Schüler:innen von Gymnasien erzielen im Vergleich zu anderen Schulformen deutlich bessere Ergebnisse.