Am 30. Oktober 2020 findet der Kick-off der zweijährigen Netzwerkphase von #HESSENbildung.digital statt – wir stellen Ihnen vorab eines der zehn teilnehmenden Tandems vor. Dafür haben uns ein Vertreter der Berufsschule und eine Vertreterin des Ausbildungsunternehmens im Tandem einige Fragen beantwortet. Welche Auswirkungen COVID-19 auf die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern an beiden Institutionen sowie auf die Lernortkooperation hatte, welche Erkenntnisse daraus in die Organisation von Prüfungen, Schuljahres- und Ausbildungsstart nach den Sommerferien einfließen konnten – und was sie sich für die Teilnahme am bildung.digital-Netzwerk vorgenommen haben, lesen Sie im Interview.
Den Anfang macht Alexander Rotthues von der chemisch-biologisch-technisch orientierten berufsbildenden Paul-Ehrlich-Schule Frankfurt Höchst.
Herr Rotthues, wie sind Sie an Ihrer Schule mit der Corona-bedingten Schließung umgegangen?
Mit Beginn des Lockdowns wurde die an unserer Schule bereits anteilig genutzte Lernplattform Moodle umfassend für alle Klassen eingesetzt. Schulungen zur Plattform selbst wurden für die Lehrkräfte unter entsprechenden Hygieneregeln vor Ort angeboten. Hier haben wir schon seit circa vier Jahren eine Kollegin mit Sonderaufgaben zu E-Learning-Konzepten im Team. Die Schülerinnen und Schüler wurden über die Klassenlehrkräfte erreicht und informiert. Zudem wurden intensive Gespräche mit dem Personalrat und den Fachbereichsleitenden geführt, um die veränderte Situation für alle Beteiligten machbar zu gestalten. Wir haben den Anspruch verfolgt, alle auf den digitalen Weg mitzunehmen, dabei möglichst niemanden unterwegs zu verlieren und die besonderen Belastungen auf allen Seiten im Blick zu behalten. Auch wenn alle Klassen trotz des partiellen Aussetzens der Berufsschulpflicht mit Aufgaben und Material versorgt wurden, lag zunächst ein Fokus auf den Abschlussklassen, um vor allem diese mit prüfungsorientierten Lernangeboten, zu denen auch Audio- und Videokonferenzen gehörten, möglichst umfänglich auf die IHK-/Handwerkskammer-Abschlussprüfungen vorzubereiten.
Wie haben Sie die Prüfungen organisiert?
Während die Prüfungen der naturwissenschaftlichen Berufe im dualen System traditionell ohnehin nicht an der Schule stattfinden, konnten wir die Abschlussprüfungen der Fachoberschule sowie der Fachschule für Technik mit erhöhtem Einsatz von Prüferinnen und Prüfern und einer Verteilung auf mehrere Räume vor Ort gut durchführen.
Wie hat sich die Situation auf Ihre Zusammenarbeit mit den Ausbildungsunternehmen ausgewirkt?
Es gab direkte Gespräche zwischen den leitenden Ebenen, aber auch zwischen Lehrkräften und Ausbildenden. Es wurde unter Anderem nach Synergien gesucht, um zum Beispiel vergleichbare Online-Formate zu nutzen. Lizenz- wie auch datenschutzrechtliche und finanzielle Hürden behindern hier allerdings die Prozesse. In Summe können wir aber sagen, dass die Kommunikationsprozesse zwischen Betrieben und Schule auch während des Lockdowns problemlos funktioniert haben. Mir sind auch Beispiele bekannt, bei denen Ausbildende und Lehrkräfte mit einer Ausbildungsgruppe oder Klasse gleichzeitig per Videokonferenz kommuniziert haben.
Konnten Sie aus diesen Erfahrungen Ableitungen für den Start ins neue Schuljahr ziehen?
Ich beziehe diese Frage einmal auf den Umgang mit dem Lockdown an sich und kann nur sagen: In jedem Fall. Die Online-Plattform wird weiterhin verpflichtend genutzt. Kolleginnen und Kollegen können sich intensiver schulen lassen, ein technisches Support-Team wurde ins Leben gerufen und Fortbildungen gleich zu Beginn des Schuljahrs zum Thema Blended Learning in allen Fachbereichen abgehalten. Die Digitalisierung soll auf allen Seiten als gewinnbringend, keinesfalls als durchgängig ersetzend aber in jedem Fall als unerlässlich unterstützend wahrgenommen werden.
Sind Sie mit Ihrem Tandem schon in die Netzwerkarbeit im Rahmen von #HESSENbildung.digital gestartet?
Ja, das sind wir. Erste Ideen sind generiert und in OneNote untereinander kommuniziert. Wir diskutieren während kurzer Treffen - zum Beispiel im Rahmen der Zusammenkunft zu IHK-Abschlussprüfungen - miteinander, um Machbarkeitsfragen zu klären und etwa den Einsatz gemeinsamer Literatur zu forcieren.
Was versprechen Sie sich von Ihrer Teilnahme an #HESSENbildung.digital?
Die Digitalisierung im bestehenden Kontext hat für mich zwei wesentliche Aspekte. Zum einen die Nutzung digitaler Tools für die Ausbildung und zum anderen das Aufzeigen der neuen digitalisierungsbedingten Anforderungen in der heutigen Berufswelt. Welche beruflichen Prozesse werden durch die Digitalisierung verändert und was können wir in der Ausbildung tun, um darauf vorzubereiten? Ich wünsche mir hierzu gemeinsame Konzepte, die den Auszubildenden nachhaltig aufzeigen, dass ihre Lernfortschritte von der eigenen Motivation abhängen und viel Selbstständigkeit erfordern. Die Partner im dualen System werden dabei als Lernbegleitende verstanden, die das gleiche Ziel gemeinsam – nun auch vermehrt mit digitaler Unterstützung – verfolgen. Zudem wird allen die Bedeutung der Digitalisierung in der Berufswelt transparenter. So wäre ein aus meiner Sicht für alle sinnstiftender Weg beschritten.
Vielen Dank für die spannenden Einblicke – und viel Erfolg für die Teilnahme am Netzwerk!